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Fundamentplatte des Einfamilienhauses nur halb so dick wie statisch notwendig
Bauherren fallen heute aus falscher Sparsamkeit vermehrt auf unsolide Baufirmen herein Die Männer vom Bauordnungsamt staunten- und sie wundern sich langsam wirklich nur noch wenig - Bauklötze: 30 Zentimeter sollte die Betondecke des Fundamentes eines Einfamilienhauses dick sein. Nach genauer Messung hatte sie ganze 15 Zentimeter, also nur die Hälfte: Und der Unterbeton fehlte völlig. Die Eisen, die Zug aushalten sollen, lagen direkt auf dem Sand. Der Bauherr hatte noch Glück. Für den Schaden - nämlich eine neue Betondecke samt Unterbeton - und das zu 'erwartende Bußgeld muß der Bauunternehmer aufkommen. Passiert ist die ganze Geschichte jüngst im Neubaugebiet Maadebogen in Wilhelmshaven: Der Bauunternehmer kam von auswärts.
Dieser Fall aber ist vielleicht der spektakulärste, aber bei weitem nicht der einzige, den die Mitarbeiter der Bauaufsicht des Bauordnungsamtes in der letzen Zeit bei Stichprobenüberprüfungen festgestellt haben. „Die Bauaufsicht hat die Aufgabe" - so der Leiter des Bauordnungsamtes, Bauoberat Karl-Georg Sonnemann - die Überwachung bei der Errichtung der Gebäude in sicherheitstechnischer, statischer und wärmetechnischer Hinsicht durchzuführen. Sie kann sich, dabei auf Stichproben beschränken."
Auf Stichproben muß sie sich allein schon aus Personalmangel beschränken. Sie muß zwar überwachen, wenn der Bauherr das beantragt. Sie kann und darf aber nicht die notwendige Bauleitung der Architekten oder der Bauleiter ersetzen.
In diesem Jahr hat sich die Bauaufsicht auf die Hauptneubaugebiete konzentriert, dort überprüft, ob der Bauherr auch tatsächlich nach den eingereichten und geprüften Bauunterlagen sein Gebäude errichtet.
Geld für die Bauüberwachung: immer gut angelegt
Dabei stellten die Männer der Bauaufsicht in den letzten beiden Jahren, besonders aber in diesem Jahr, erhebliche Mängel in konstruktiver und wärmetechnischer Hinsicht fest. Drei Baustellen wurden stillgelegt. Bei vier Häusern mußten neue Gründungsplatten eingebaut werden. Ein ganz neu errichteter Dachstuhl wurde gerade noch vor dem Einsturz bewahrt.Als Hauptmängel nannten Amtsleiter Karl-Georg Sonnenann und der Sachgebietsleiter Statik im Bauordnungsamt, Dipl. Ing. Günter Röpken:
1. Anbringung von Wärmedämmung mit erheblichen Kältebrücken 2. Zu große Hohlschichten 3. mangelnde Isolierung gegen aufsteigende Feuchtigkeit.
Bebauer, die ein Haus mit solchen Mängeln beziehen, die vielleicht überhaupt nicht wissen, daß ihr Haus solche Mängel hat, werden über ihre Heizkostenrechnungen staunen. Aber dann ist es zu spät. Auch bei der Statik der Häuser finden die Prüfer vom Bauordnungsamt immer wieder Fehler, speziell die beiden folgenden: - zu dünne statische Querschnitte der Holzbalken, Stahlbetondecken und der Fundamentplatte - die notwendigen Eisen liegen nicht an der erforderlichen Stelle. Bauschäden, deren Ursache in statischen Fehlern liegen, treten oft erst nach einigen Jahren auf, meist erst, wenn die zweijährige VOB-Garantie (VOB = Verdingungsordnung für Bauleistungen) abgelaufen ist. Risse treten auf, Putz und Bauteile platzen ab. Arger über Arger. Die moderne Technik gibt den Prüfern vom Bauordnungsamt, aber auch Privatfirmen, die der Bauherr direkt beauftragen kann, Gerät an die Hand, mit dem schnell und auch verhältnismäßig preiswert Fehler entdeckt werden. Mit sogenannten Kernbohrungen in den Beton oder Metallsuchgeräten ist schnell geprüft, wie dick Fundament und Decken sind, wo die Eisen liegen. Früher war das eine umständliche Prozedur. Da mußte der Beton im Zweifelsfall mühsam zeit- und kostenaufwendig aufgestemmt werden. Die Kosten für die Überprüfungen - ob nun durch Bauordnungsamt oder Privatfirma - trägt in jedem Fall der Bauherr. Wodurch kommt es gerade in den letzten Jahren verstärkt zu solch schweren Fehlern beim Hausbau, speziell beim Einfamilienhausbau? Das Bauordnungsamt kennt aus seiner Sicht hier vor allem folgende fünf Gründe:
1 Der Zeitdruck, unter dem heute gebaut wird. Alles soll schneller gehen, als unter Umständen technisch möglich ist. Bautempo um jeden Preis.
2 Der „gute alte Handwerker" ist immer weniger zu finden.
3 Es fehlt die Selbstdisziplin. Angereizt durch die „Do-ityourself'-Bewegung wird oft das eigene Leistungsvermögen falsch eingeschätzt.
4 Bei den Bestimmungen des Auftrages wird allein nach dem Endpreis gesehen, ohne genau zu prüfen, ob der Preis auch in Relation zum soliden Bauwert steht.
5 Immer weniger werden qualifizierte Unternehmer beauftragt.
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